Cobots richtig messen

Kollaborierende Robotersysteme, kurz Cobots genannt, sind dafür konzipiert, mit dem Menschen zusammenzuarbeiten. Auf zusätzliche Schutzeinrichtungen, wie z.B. Schutzzäune und Lichtvorhänge kann dabei weitestgehend verzichtet werden.

Wie groß aber dürfen die Kraft oder der Druck auf den menschlichen Körper sein, wenn es zu einem Kontakt zwischen Mensch und Maschine kommt? Müssen die Kräfte oder Drücke zuvor gemessen werden? Und wie müssen sie gemessen werden? 

Beim unwillkürlichen Hineingreifen in den Arbeitsbereich des Roboters kann es beispielsweise zu einem Kontakt zwischen Cobot und Mensch kommen. Die Kontaktsituationen werden wie folgt unterschieden

  • Quasi statischer Kontakt: Person oder Körperteil (z.B. Hand) werden geklemmt, sie können nicht ausweichen
  • Transienter Kontakt: Person oder Körperteil (z.B. Oberarm) werden nur angestoßen und nicht eingeklemmt, sie können ausweichen

Damit dieser Kontakt nicht zu Verletzungen führt gibt es Grenzwerte. Die Grenzwerte werden wiederum unterschieden in

  • Druckgrenzwerte. Diese sind besonders wichtig bei scharfkantigen Kontaktgeometrien, z.B. am Bauteil oder am Roboterwerkzeug
  • Kraftgrenzwerte. Diese Grenzwerte sind meistens relevant für großflächige Kontaktereignisse, z.B. am Roboterarm oder an gepolsterten Kontaktflächen

Die derzeit gültigen Grenzwerte findet man in der Technischen Spezifikation ISO/TS 15066 oder in der kostenlosen DGUV-Information FBHM 080

Will der Anlagenintegrator nachweisen, dass seine Cobot-Anlage den geltenden Regeln entspricht, liegt es auf der Hand, dass die Kontaktkräfte- und Drücke zu messen sind. Hinweise zur Auswahl der Messpunkte finden Sie hier.

Es muss immer beides gemessen werden, Kraft und Druck. Überschreitet einer der beiden Werte den Grenzwert, gilt die Testmessung als nicht bestanden. Wie aber ist zu messen? 

Die Cobot-Technologie ist noch ziemlich neu. Aber die Anforderungen zum Messen von Klemmsitiationen haben sich bereits weitgehend gefestigt: Das Messgerät ist an der entsprechenden Kontaktstelle im Roboterarbeitsraum zu fixieren und der Test ist durch Auslösen der relevanten Roboterbewegung durchzuführen. Das Messgerät befindet sich also dort wo sich im späteren Einsatz das menschliche Körperteil befindet. Nach dem Kontakt zwischen Cobot und Messgerät werden die Messergebnisse am Messgerät angezeigt.

Die normativen Regeln zum Messen transienter Kontakte sind noch sehr unübersichtlich. Denn aufgrund eines fixierten Messgerätes kann ein mögliches Ausweichen des relevanten Körperteils nicht erfasst werden. Hier ein kurzer Überblick über Messmethoden für transienten Kontakt, die bereits in Kraft sind oder noch in Vorbereitung:

  • DGUV-Information FBHM 080. Dieses Dokument der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung wurde 2017 verabschiedet und kommt seither mit gutem Erfolg in der Praxis zu Einsatz. Die transienten Fälle werden mit fixiertem Gerät gemessen. Da das Messgerät während des Kontakts nicht ausweichen kann, dürfen nicht relevanten Anteile der Messung unberücksichtigt bleiben. Sodass nur die transienten Anteile der Messung berücksichtigt werden.
  • ISO/DPAS 5672 . Diese Spezifikation befindet sich derzeit noch im Entwurf. Die transienten Fälle werden ebenfalls mit fixiertem Gerät gemessen. Für die Extraktion des transienten Anteils der Messung werden Formeln angeboten. Die Schlussfassung der Spezifikation bleibt abzuwarten.
  • ISO/DIS 10218-2:2020. Diese Norm befindet sich noch im Entwurf. Sie sieht für die Messung der transienten Fälle einen beweglichen Schlitten vor. Der Schlitten wird mit Gewichten beladen, welche der jeweiligen Masse des angestoßenen Körperteils entsprechen. Es ist vermutlich eine sehr genaue Messmethode, da kaum Vereinfachungen nötig sind. Der mechanische Messaufbau ist jedoch etwas aufwendiger. Es bleibt abzuwarten, ob diese Messmethode in das Schlussdokument der Norm übernommen wird.
  • Das Messgerät wird am Körper gehalten. Diese Messmetode kommt in der Praxis offenbar häufig zur Anwendung. Sie mag rein technisch gesehen für überschlägige Messungen ausreichend sein, ist aber nur wenig reproduzierbar. Außerdem könnten vom Robotersystem aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Parametrierung Unfallgefahren ausgehen. Diese Messmethode kann daher nicht empfohlen werden
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